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Gegen Unterschriftenaktion zum neuen österreichischen Brustkrebs Früherkennungsprogramm

Stellungnahme des Frauengesundheitszentrums zu der im Netz kursierenden Online Unterschriftenaktion

Ein Gynäkologe sammelt seit September 2013 in einem Online Netzwerk Unterschriften gegen das neue Nationale Brustkrebs Früherkennungsprogramm.
Bei dieser Unterschriftenaktion werden Fehlinformationen verbreitet, Frauen werden dadurch verunsichert sowie mangelhaft und falsch informiert.
Das Frauengesundheitszentrum stellt mit dieser Stellungnahme die Fakten klar und weist darauf hin, dass Frauen sich nicht täuschen lassen sollten.
Eine informierte Entscheidung für oder gegen eine Teilnahme an der Brustkrebs Früherkennung braucht verlässliche und glaubwürdige Informationen über Nutzen und Schaden auf der Basis seriöser Studien. Das  Ziel des Frauengesundheitszentrums ist, Frauen zutreffend zu informieren und sie zu stärken, die für sie richtigen Entscheidungen zu treffen.

Im Folgenden werden die Behauptungen dargelegt und im Anschluss klar gestellt.

Brustkrebs ist die häufigste Erkrankung der Frau – jede 8.–9. Frau erkrankt in ihrem Leben an Brustkrebs.
Diese Art der Darstellung ist irreführend. Brustkrebs ist nicht die häufigste Erkrankung der Frau. Das sind Wirbelsäulenbeschwerden.
www.statistik.at/web_de/dynamic/services/publikationen/4/publdetail?id=4&listid=4&detail=543, S.44
Brustkrebserkrankungen sind altersabhängig. An Brustkrebs erkranken 8 von 100 Frauen, die 75 Jahre alt werden.
www.statistik.at/web_de/statistiken/gesundheit/krebserkrankungen/brust/index.html
Zum Lebenszeitrisiko siehe auch Statistik Austria Jahrbuch für Gesundheitsstatistik 2011, S. 46
An Brustkrebs sterben 3 von 100 Frauen, 20 sterben an anderen Krebserkrankungen.
Ingrid Mühlhauser Screening auf Brustkrebs/Mammografie Screening. Zeitschrift für Onkologie 2013, 45, 80-85
www.chemie.uni-hamburg.de/igtw/Gesundheit/images/pdf/DZO_080_Praxis_Muehlhauser.pdf

Österreich ist nachweislich das Land mit der besten Früherkennungs- und Heilungsrate.
Stimmt nicht. Siehe
International Agency for Research on Cancer (Internationale Agentur für Forschung über Krebs, Weltgesundheitsorganisation)
http://globocan.iarc.fr/factsheets/cancers/breast.asp

Unsere Regierung hat beschlossen dieses bewährte System (Brustuntersuchung und Zuweisung im Rahmen der Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen durch den /die niedergelassenen Arzt/ Ärztin zur Mammographie) abzuschaffen.
Stimmt nicht. Das System war nicht bewährt, sondern hatte Qualitätsmängel. Zum Beispiel gibt es keine gesicherte Fortbildung der RadiologInnen, keine Qualitätsüberprüfung von auffallenden Mammografie-Ergebnissen und keine Qualitätsüberprüfung der Abklärung sowie keine überprüfbare Dokumentation. Diese bestehende Form der Früherkennung erreicht zudem nur einen Teil der Frauen.
Mammografie-Screening und die Notwendigkeit evidenzbasierter Information, Österreichische Hebammenzeitung, Éva Rásky, Jänner 2011

Ein neues Screening soll Patientinnen nur noch von 45 und bis 69 Jahren alle 2 Jahre zur Mammographie einladen!!
Stimmt nur teilweise. Das Österreichische Brustkrebs Früherkennungsprogramm spricht Frauen ab 45 Jahre bis 70 Jahre an. Auch Frauen ab 40 und über 70 Jahren können auf Selbsteinladung teilnehmen. Für Frauen unter 40 und über 70 Jahre gibt es nämlich keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über Schaden oder Nutzen, wenn sie an einem Screening teilnehmen. Daher werden sie nicht eingeladen.
Siehe Wiener Ärztekammer empfiehlt veraltete Vorsorgeuntersuchungen
www.cochrane.at/de/pressemitteilung

Folge: Es werden mehr Frauen später eine Therapie bekommen – es werden mehrere Frauen an Brustkrebs sterben!!!!
Dies belegt der anonym bleibende Autor nicht. Die Evidenz fehlt. Was hier angegeben werden sollte, ist wie viele Frauen in der jetzigen Praxis in Österreich Überdiagnosen und Fehldiagnosen erhalten haben. Für Österreich ist es schwierig, eine Aussage zu treffen, weil die Dokumentation des bestehenden Screenings mangelhaft ist.
Es ist allerdings nachgewiesen, dass ein Programm zur Früherkennung Zielgruppen erreicht, die sonst nicht zur Früherkennung gehen würden.
Internationalen Studien zufolge ist beim neuen Österreichischen Brustkrebs Früherkennungsprogramm mit etwa 30 Prozent zusätzlichen Brustkrebsdiagnosen zu rechnen.
Ingrid Mühlhauser Screening auf Brustkrebs/Mammografie Screening. Zeitschrift für Onkologie 2013, 45, 80-85
www.chemie.uni-hamburg.de/igtw/Gesundheit/images/pdf/DZO_080_Praxis_Muehlhauser.pdf

Junge Frauen werden von der Vorsorge ausgeschlossen!!
(nur noch privat möglich!!)
Das ist falsch. Die Bezeichnung Brustkrebs „Vorsorge“ ist, wenn die Früherkennung gemeint ist, ein falscher Begriff und damit irreführend. Man kann durch die Früherkennung Brustkrebs nicht wirklich vorbeugen, doch mittels Mammografie soll Brustkrebs früh erkannt werden. Früherkennung ist zudem nur unter bestimmten Bedingungen sinnvoll, sonst erhöht sie die Anzahl der Über- und Fehldiagnosen. Zu diesen Bedingungen gehört beispielsweise die Eingrenzung auf die Altersgruppe.
Mammografie-Screening und die Notwendigkeit evidenzbasierter Information, Österreichische Hebammenzeitung, Éva Rásky, Jänner 2011

Das Frauengesundheitszentrum stellt fest:
Das bisherige, sogenannte „graue“ Screening war zu wenig qualitätsgesichert, es wäre daher nicht im Sinne der Frauen es in gleicher Weise weiterzuführen.
Das neue Österreichische Brustkrebs Früherkennungsprogramm soll (mehr) Qualität für die teilnehmenden Frauen sichern.
Damit dies geschieht, bedarf es noch weiterer Verbesserungen. Vor allen Dingen, zuverlässige Informationen.
Zuverlässige Informationen finden Frauen auf www.frueh-erkennen.at/

Gerne vermittle ich Ihnen ein Interview mit unserer Expertin Mag.a Sylvia Groth, Geschäftsführerin des Frauengesundheitszentrums.

Medienkontakt
Rita Obergeschwandner
rita.obergeschwandner@fgz.co.at
0699/18 35 20 97

Rita Obergeschwandner, 29.11.2014